Und noch ein Jahresrückblick! Ich habe aus diesem Jahr 13 Erkenntnisse mitgenommen, die ich gern teilen möchte.
Nachdem mein Jahr mit einer wunderbaren Corona-Infektion losging, die mich Silvester ins Bett verfrachtet hat, konnte es nur aufwärts gehen. Im Januar standen aber ein paar Tage im Harz an, wo ich mich wirklich gut erholen konnte. Deshalb – Erkenntnis Nummer 1:
Nummer 1: Der Harz ist toll!
In dieser Zeit war ich mehrfach kurz davor, mich mit Burnout aus allem rauszuziehen. Ich dachte wirklich, ich schaff es nicht. Mit 2023 hatte ich gerade ein Jahr hinter mir, in dem Mama ständig im Krankenhaus lag, immer wieder nach Hause kam und wieder im Krankenhaus landete. Und: Es gab keine Aussicht auf Besserung der Lage, weil wir keinen Platz in einer Einrichtung bekamen, in der sie besser umsorgt gewesen wäre. Die Last dieser Verantwortung drückte auf meinen Schultern, und ich hatte gar keine Kraft mehr dafür, meine Nerven waren am Ende. Streckenweise wusste ich gar nicht, wie es weitergehen sollte.
Nummer 2: Ich kann im größten Sturm gut nur von einem Tag zum anderen denken.
Ich habe gelernt, dass es manchmal besser ist, nicht zu weit nach vorne zu schauen. In manchen Lebensphasen – wenn es richtig wild zugeht – darf ich mich nicht mit dem, was werden könnte, verrückt machen. Von Tag zu Tag denken – das war meine härteste Lektion.
Leider folgten noch ein paar Tiefschläge: In den Märzferien wollte ich es mir mit L so richtig gut gehen lassen – wir hatten vor, in Hamburg all die Dinge zu unternehmen, zu denen wir sonst nie kamen und planten eine hübsche Woche mit lauter tollen Sachen. Ergebnis: Wir schafften es an Tag 1 zum Isemarkt (einem tollen Wochenmarkt in Hamburg), und das war’s.
Noch auf dem Markt kam der Anruf: Mama war wieder im Krankenhaus gelandet, der Pflegedienst hatte sie einweisen lassen. Und meine Ferienwoche war passé, wie schon so oft in den vergangenen 7 Jahren, in denen ich für ihre Pflege zuständig war.
Nummer 3: Demenz-Medikamente knipsen Menschen ein und aus.
In dieser Zeit hat Mama mich zum ersten Mal nicht wiedererkannt – dieser Augenblick war mit Sicherheit mein absolutes Lowlight 2024. Zu merken, welche Auswirkungen die Demenz dann doch hat, wenn sie medikamentös nicht gut eingestellt ist. Und zu verstehen, wie die Medikamente sie an- und wieder ausknipsen können. Das war schon Wahnsinn.
Nummer 4: Ein Neustart ist trotzdem immer möglich.
Und das war dann mein persönliches Wunder 2024 – wir bekamen für sie einen Platz in einer richtig tollen Einrichtung. Sie hat sich gut eingelebt inzwischen, geht dort zum Chor, nimmt an den Festen und Feierlichkeiten wie dem Oktoberfest mit wachsender Begeisterung teil. Ich bin sehr erleichtert, und es fiel eine Menge Druck von mir ab. Nun stand „nur“ noch ihre Wohnungsauflösung an – gefühlt unser x-ter Umzug in wenigen Jahren, doch auch das haben wir geschafft.
Nummer 5: Ich hatte zu lange keine unbeschwerten Urlaube mehr.
Ich habe 2024 zwei Urlaube gemacht, in denen ich mir keine Sorgen um Mamas Wohlergehen machen musste, weil ich sie endlich mal wirklich gut versorgt wusste. Was das für einen riesigen Unterschied gemacht hat! Jahrelang war das nicht wirklich möglich. Als sie noch zu Hause lebte, kam Kurzzeitpflege für sie nie in Frage („Ich komme doch noch prima zurecht – fahrt ihr nur!!“). Zwar schaute der Pflegedienst zwei Mal täglich nach ihr, wenn wir nicht da waren – aber selbst das konnte bedeuten, dass ihr zwischendurch etwas passierte. Mehrfach mussten wir Urlaube deswegen abbrechen, an Erholung war kaum zu denken.
Nummer 6: Seine Seele zu reparieren, ist wichtig.
Wie das oft so ist: Wenn endlich Ruhe einkehrt, wird man krank, oder es holen einen verdrängte Gefühle ein. Ich hatte in dieser Phase schwer mit meiner Trauer zu kämpfen. Und mir wurde klar: Jetzt bin ich dran, ich muss was tun – und suchte mir einen Therapie-Platz. Beste Entscheidung ever! Ist es nicht seltsam – wenn wir uns den Fuß brechen, gehen wir zum Arzt. Aber wenn die Seele traurig ist, heißt es immer nur: Aufstehen, Krönchen richten, weitermachen. Das kann nicht gesund sein. Ich bin froh, einen guten Therapeuten gefunden zu haben.
Nummer 7: Verdammt, ist eine Therapie anstrengend.
Ich hätte nicht gedacht, wie sehr mich diese Therapiesitzungen fordern. Es ist psychisch gesehen Schwerstarbeit. Manchmal sagt er nur zwei Sätze – und die haben es in sich. Die sorgen dafür, dass ich tagelang grübele und plötzlich Erkenntnisse gewinne, mit denen ich nicht gerechnet habe.
„Ihre Beziehungen werden sich dadurch verändern. Vor allem Freundschaften und Partnerschaften“, warnte mich der Therapeut zu Beginn dieser Reise.
Und oh ja! Aber ich merke schon, wie heilsam das sein kann. Ich lerne, Grenzen zu setzen – fair, aber bestimmt. Und ich lerne loszulassen – die Trauer, all die Verantwortung auf meinen Schultern, und auch Beziehungen, die mir nicht guttun. Letzteres finde ich besonders schmerzhaft, aber manchmal unumgänglich. Es räumt aber Platz frei für neue, schöne Erfahrungen – das habe ich dabei immer vor Augen. Wir sind alle nur WegbegleiterInnen im Leben der anderen. Dieser Gedanke spendet mir immer Trost.
Nummer 8: Ins Haus zu ziehen, war die richtige Entscheidung.
Als wir nach dem Tod von Ls Papa vor drei Jahren entschieden, sein Haus zu übernehmen und zu sanieren, um dort einzuziehen, hatte ich auch erst große Zweifel, ob wir das schaffen würden.
Nicht auf organisatorischer Ebene, sondern eher auf seelischer. Ich hatte am Anfang noch viele Flashbacks – und das war sehr schwer auszuhalten, auch, wenn es sich dabei oft um schöne Momente mit ihm in diesem Haus handelte. Aber die Flashbacks ließen mit der Zeit nach. Es war ein heilsamer Prozess: L behielt ihr zu Hause, was unglaublich wichtig für sie war – und T und ich bekamen ein neues dazu. Wir machten aus dem alten Zuhause unser gemeinsames, neues, und das war das einzig Richtige für uns. Es wäre falsch gewesen, vor diesem Ort davonzulaufen. Wir haben uns der Angst gestellt und wurden belohnt. Das Weihnachtsfest 2024 war so entspannt und schön. Ich bin glücklich, dass wir so mutig waren, es zu wagen und unserer Intuition zu folgen.
Nummer 9: L nach Indien fahren zu lassen, war nicht verrückt. Höchstens ein bisschen.
Im Januar hat L an einer Schulreise nach Indien teilgenommen. Mit 14 Jahren zwei Wochen nach Neu Delhi – alle haben mich für verrückt erklärt, dass ich sowas zulasse.
Aber sie wollte das unbedingt, und wir konnten es ermöglichen, also folgte ich meinem Credo („Nimm alle Austausche mit, die du bekommen kannst, wenn es geht“) – Augen zu und durch. Es war eine tolle Erfahrung für sie und hat sie sehr gestärkt. Breiten wir den Mantel des Schweigens darüber, wie wenig Schlaf ich in diesen zwei Wochen hatte (und dass ich mir einen Flightradar-Pro-Account zulegte)…
Nummer 10: Ich liebe Urlaub mit dem Wohnmobil.
Die Ilona, die früher immer Urlaub im Hotel gemacht hat, liebt jetzt Camping mit dem Wohnmobil. Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal Wohnmobile ausgeliehen und sind damit nach Schweden und nach Amsterdam getuckert. Ach, war das herrlich! Zugegeben: Das ist ja auch komfortabel.
Ich bei 5 Grad und Nieselregen im Zelt?! Never ever, das ist nichts für mich Frostbeule. Aber ein schönes, warmes Wohnmobil mit diversen Annehmlichkeiten, der Regen rieselt sanft aufs Dach, und wir spielen Brettspiele? Dazu sag ich nicht NEIN.
Ich liebe das Packen des Wohnmobils vor der Abreise, und ich fühle mich schon entspannt, sobald ich mit dem Ding vom Hof des Vermieters fahre. Deshalb werden wir Auch 2024 wieder damit losdüsen. Im Sommer geht’s nach Mittelschweden, Schloss Gripsholm steht auf dem Plan.
Nummer 11: Happy macht mich happy.
Einen Hund anzuschaffen, war die beste Entscheidung ever. Happy bugsiert mich an die frische Luft und macht mir Beine. Das hat mich gesundheitlich so sehr gestärkt. 10.000 Schritte am Tag? Ein Klacks. Bei Wind und Wetter halten wir die Nase in den Wind, und es gibt nichts besseres. Ich liebe den kleinen Kerl, die liebste Hundeseele. Wir sind ein richtig gutes Team geworden.
Nummer 12: Line Dance ist toll.
Mitten im größten Chaos habe ich mir ein neues Hobby gesucht, das ich schon ewig ausprobieren wollte. Und ich liebe es. Line Dance mit seinen Choreos, den Cowboy-Hüten und -Boots, dem ganzen Spaß und all den lieben Menschen im Sportverein ist richtig, richtig toll. Yeehah.
Nummer 13: Ilona First – das ist nicht egoistisch, sondern notwendig.
Ich muss mich um meine Gesundheit kümmern, damit es mir selbst gut geht. Sonst kann ich mich um niemand anderen kümmern. Das muss ich mir zwar selbst immer noch ab und zu hinter die Öhrchen schreiben, aber ich werde langsam besser darin.
So viel zu meinen Learnings 2024 – schauen wir mal, was das neue Jahr zu bieten hat! Happy new year!